Die zweifelhafte Linse

Rot färbte sich der Kragen, als Achim in den Sonnenuntergang fuhr. Die Linse vorne in seinem Photoapparat hatte er neu schleifen lassen, sie war nun unförmig, sodass in den Bildern seltsame Farbspiele und Formen entstanden. Künstler zu sein war nicht einfach in diesen Tagen, man musste schon mit einer feinen Idee aufwarten, sonst würde man selbst von der Bäckersfrau hinten beim Carree bemitleidenswert angesehen werden, so wie ein Künstler seine Mitmenschen angesehen hätte, wenn er nicht so bescheiden gewesen wäre. Die Linse hatte ihm einigen Ruhm eingebracht, es war immer die gleiche. Erst hatte er mit feinem Sandpapier die Oberfläche sorgsam bearbeitet, dann hatte er verschiedene Folien aufgeklebt und nun war ihm endlich das Diamantschleifgerät zur Hand gekommen und in der letzten Nacht hatte er bis in den Morgen an der Linse geschliffen. Seine Hände waren rau und Gelb von den Zigarren. Er wusste nicht wohin er fuhr, es war nur klar, das, was auch immer er photografierte, der Erfolg kommen würde. Er würde sich sonnen darin, würde braungebrannt irgendwann gesättigt heraustreten und merken, dass nicht ein Photo ihm den Erfolg beschert hatte, sondern die Idee.

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