98

09.03.22

2.000.000 Menschen sollen die Ukraine bereits verlassen haben.
Sie fliehen in alle Richtungen. Die Wenigsten nach Russland wo die Bomben herkommen.
Andere bleiben zurück. Sie sind zu alt, zu schwach oder zu gebunden.
Für sie stellt sich die Frage nicht.
Es ist ihre Heimat.
Wir haben Platz für die, die bei uns ankommen.
Hoffentlich finden sie hier Frieden.
Es wird nicht bei den 2.000.000 bleiben.
Es wird nicht dabei bleiben, dass sie Willkommen geheißen werden.
Bald wird jemand hervorkriechen, der die ersten Zweifel sät.
Vermutlich wird es ein Zitat sein, vor einem hellblauen Hintergrund, der eigentlich Frieden verspricht.

99

08.03.22

Dieser Krieg nutzt jemandem.
Auf Pornoseiten steigt die Suchanfrage nach “ukrainischen Girls”
An Bahnhöfen lungern Zuhälter herum, um die Geflohenen unter dem Deckmantel der Hilfe zu empfangen.
Es bietet sich ein günstiger Einstiegspunkt für ein Investment an der Börse.
Kurven die nach unten gehen, weil die Kurve des Leids nach oben geht.
Irgendwo in Russland sitzt der 170 cm große, alte weiße Mann dem es um etwas ganz anderes geht.
Vielleicht ist er krank und der Krieg der letzte große Akt in seinem persönlichen Theaterstück.
In der ewigen Tabelle der Menschenrechtsverletzungen sind nur ein paar grausame Männer vor ihm.

100

07.03.22

Ich fresse Chips mit der einen Hand und schreibe mit der anderen.
Es ist Krieg in Europa.
1200 Kilometer entfernt sterben jetzt gerade Menschen einen gewaltsamen Tod.
Meine Finger kleben.
Ich lecke sie ab und schreibe dann mit beiden Händen.
Einhändig bin ich zu langsam gegen die Flut an Gedanken.
Wut ist da und Unverständnis und Traurigkeit über das
Warum steht im Raum und starrt mich an.
Die Frage nach dem Warum des Krieges ist so viel dümmer, als die nach dem Sinn dieses Lebens.
Krieg kann kein Sinn sein.
Krieg bedeutet Tod und der Tod kann kein Sinn sein.